Wetter

Klima und Wetter auf den Kanaren

Das Wetter auf den kanarischen Inseln ist komplex, schwer voraussehbar und meist anders als man sich dies als Mitteleuropäer gemeinhin vorstellt.

Die kanarischen Inseln liegen auf dem 28. nördlichen Breitengrad und damit, obwohl auf der Höhe von Nordwestafrika, noch nicht im Tropengürtel. Entsprechend ist das Klima hier nicht tropisch, wie z.B. in der Karibik, sondern eher mediterran bis subtropisch. Es gibt also durchaus eine wärmere, trockenere (Juni bis Oktober) und eine kühlere, feuchtere Jahreszeit, auch wenn die Temperaturschwankungen klar kleiner sind als in Mitteleuropa. Wer aber zwischen November und Mai auf die Kanaren kommt, sollte nicht nur Shorts, T-Shirts und Tanktops im Gepäck haben, sondern auch Pullover, Jacke und lange Hosen, besonders wenn er sich nicht nur auf Meereshöhe bewegen will.

Schnee und Eis gibt es aber allenfalls in Höhenlagen über 2000 Meter über Meer. An unserem früheren Domizil in El Paso/La Palma, auf etwas mehr als 700 Meter über Meer, können die Temperaturen nachts auf 7 bis 8 Grad sinken und erreichen tagsüber auch an den kältesten Tagen Werte über 10 Grad. An unserem neuen Wohnort in Arguineguín/Gran Canaria auf 90 Meter über Meer bewegen sich die Minimaltemperaturen um 15 Grad und tagsüber herrscht ganzjährig T-Shirt-Wetter über 20 Grad. 

Geprägt wird das subjektive Temperaturempfinden einerseits von einer extrem intensiven Sonneneinstrahlung und andererseits vom Atlantik, der mit Wassertemperaturen von 19 Grad (Februar bis April) bis 24 Grad (September/Oktober) kälter ist als der indische Ozean oder der Pazifik. Sobald die Sonne voll scheint, hat man gefühlt das ganze Jahr über Sommer. Ist sie weg, sorgen Wind und hohe Luftfeuchtigkeit in höheren Lagen indes schnell für fröstelige Gefühle. Dazu trägt auch die traditionell miserable Isolierung der hiesigen Häuser bei.

Allerdings liegt die Temperaturabnahme meist nicht bei einem Grad pro 100 Höhenmeter, wie oft behauptet wird, und verläuft vor allem nicht linear. Ist es auf Meereshöhe zum Beispiel 24 Grad warm, dann kann die Temperatur auf 300 Meter Höhe schon mal 3 bis 4 Grad tiefer liegen. Bis auf 700 Meter sinkt sie dann aber meist nur noch um 1 bis 2 Grad.

Je nach Insel und Lage auf der jeweiligen Insel kann das Wetter sehr unterschiedlich sein. El Paso zum Beispiel befindet sich im Arídane-Tal auf der generell sonnigeren Westseite von La Palma. Da kann es schon mal sein, dass die Hauptstadt Santa Cruz und der Flughafen unter einer nieselnden Wolkendecke liegen. Fährt man dann durch den Cumbre-Tunnel zu uns auf die Westseite, scheint hier aber die Sonne. Und die Wolken, die sich durch den Nordost-Passatwind an der Ostseite des von Nord nach Süd verlaufenden Bergkamms stauen, schwappen dann als Wolkenwasserfall über die Krete. 

Besonders im Frühjahr (März bis Mai) tritt aber manchmal auch das Gegenteil ein, wenn die Thermik westliche Winde vom noch kalten Atlantik unsere steile Insel hochtreibt. Dann entsteht eine Hochnebel-artige Bewölkung, welche die Einheimischen wegen ihrer flauschigen Wolkenunterseite als "Panza de Burro" (Eselsbauch) bezeichnen. Nicht selten werden aus diesem Grund die Frühjahrs-Monate als kälter empfunden als die Zeit von November bis Februar.

Auf Gran Canaria gibt es ebenfalls insgesamt 5 Klimazonen. Fahren wir beispielsweise bei windstill sonnigem Wetter von Arguineguín in Richtung der Inselhauptstadt Las Palmas, werden wir an der Ecke von Playa del Ingles erstmals von heftigem Wind aus nördlichen Richtungen überrascht. Fahren wir weiter nördlich nimmt die Bewölkung nicht selten sukzessive zu, und in Las Palmas am Nordzipfel der Insel kann es dann regnen bei rund 5 Grad tieferen Temperaturen.

Ganzjährig, also auch während der statistisch kältesten Monate Januar und Februar, gibt es immer wieder Perioden mit deutlich höheren Temperaturen (winters bis 28 Grad, sommers bis über 40 Grad), meist verursacht durch Winde aus dem afrikanischen Kontinent und gelegentlich gepaart mit einer Trübung der Luft durch Wüstensand aus der Sahara. Man spricht dann von Cálima.

Ein ähnliches Phänomen, das regelmässig auftritt, ist die Temperaturinversion. Dann herrschen in mittleren Lagen um 700 Meter deutlich höhere Temperaturen als auf Meereshöhe, und sogar auf dem über 2400 Meter hohen Roque de los Muchachos in La Palma kann es heisser sein als an der Küste. Insgesamt sind die Temperaturschwankungen also kleiner, je tiefer man sich auf den Kanaren befindet. Nicht von ungefähr wird unserem neuen Wohnort Arguineguín das beste Klima der Welt nachgesagt.

Wann welche Wetterlage auftritt, ist auf den kanarischen Inseln allerdings relativ schwierig vorauszusagen. Von November bis Mai kann sich das Wetter recht zickig gebärden, wenn gleich sich die eigentlichen Regentage pro Jahr fast an zwei Händen abzählen lassen. Doch auf zwei Tage mit Sonne pur und über 25 Grad kann ein Weststurm mit Windspitzen von 80 km/h und mehr sowie peitschendem Starkregen folgen. Einfacher ist die Prognose zwischen Juni und Oktober. Dann ist es in der Regel einfach sonnig und warm bis heiss

Mit einer zuverlässigen, detaillierten Prognose für die Kanaren sind die meisten automatisierten Online-Wetterberichte überfordert, da sie die Topografie der gebirgigen Vulkaninseln zu wenig berücksichtigen. Ausnahmen sind:

– der staatlich spanische Wetterdienst Aemet. Nachteil: Die Website ist ausschliesslich in Spanisch verfügbar, und die Voraussichten reichen nur 6 Tage weit. Weitergehende Prognosen sind hierzulande allerdings ohnehin vergleichbar mit dem sprichwörtlichen Lesen im Kaffeesatz.

– der Wetterdienst von Jörg Kachelmann. Nachteil: Die Website ist so vielseitig, dass man sich darin verirren kann.

– die dynamischen Wetterkarten von Ventusky. Nachteil: Bei eher langsamen Internet-Verbindungen bleibt die Animation oft hängen.

Wer sich schliesslich über aktuelle und vergangene Wetterdaten informieren will, kann dies am ehesten auf der Website von Wunderground.










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