H.O.G. Rally zum westlichsten Punkt Europas

Bereits zum fünften Mal fand vom 11. bis 15. September auf El Hierro, der kleinsten der Kanarischen Inseln, "The End Route Europe", die grösste und wichtigste Rally der Harley Owners Group (H.O.G.) auf dem Archipel statt. Ziel war wie immer der Faro de Orchilla, der Leuchtturm, der den westlichsten Punkt des europäischen Kontinents markiert. Über 140 Teilnehmer aus neun Nationen mit rund 100, zum Teil gemieteten, Harley-Davidson-Bikes haben am fünf Tage dauernden Event auf der steilen Insel mit ihren fantastischen Aussichtspunkten und spektakulären Strassen für stundenlange Motorradtouren daran teilgenommen. Als Mitglieder des "Tenerife Chapter, Islas Canarias" und des "Las Palmas Chapter, Islas Canarias" waren wir natürlich dabei.

Fotos/Videos: Chris Gonzenbach, José J. Machín Martín, Irma Waldvogel, Igmar Bergasa, Javier de Andres

Es ist Abends um vier. Der Hafen von Los Cristianos im Süden von Teneriffa wird von vielstimmigem Donnern erschüttert: Harleys, wohin das Auge reicht! Wer immer auf die weit im Atlantik draussen liegende Insel El Hierro fahren will, muss es von hier aus mit der Katamaran-Schnellfähre von Armas-Trasmediterranea tun. Im Fahrzeugdeck herrscht Hektik, bis alle Zweiräder sicher mit Spanngurten verzurrt sind. Für unsere FLRT Freewheeler mit drei Rädern und Feststellbremse reichen zwei Gummikeile.


Tag 1 – Ankunft in Puerto de la Estaca

Nach etwas mehr als zwei Stunden auf recht rauher See taucht die Insel El Hierro (zu deutsch: das Eisen) umtobt von der Gischt der anrollenden Wellen auf. Sie umfasst eine Fläche von 270 Quadratkilometer, erhebt sich auf 1500 Meter, beheimatet bloss 11300 Einwohner und hat eine Form mit drei Ausläufern welche in der Breite 27 km und in der Länge 24 km auseinander liegen: Im Osten der kleine Regional-Flughafen und der Hafen Puerto de la Estaca, wo unsere Fähre eben zum Anlegen manövriert, im Süden der bei Tauchern und Wassersportlern beliebte Hafenort La Restinga und im Westen eben der famose Faro de Orchilla, dessen geografische Position ihn in eine Reihe mit dem Nordkap in Norwegen, dem Kap Agulhas in Südafrika oder dem Kap Hoorn in Chile stellt.

Mittlerweile sind wir und alle anderen Biker von Bord und werden bereits im Hafen vom Rally-Organisationskomitee bereits herzlichst begrüsst. Es wird ein Willkommens-Trunk serviert und alle bekommen ihr Rally-Pack mit T-Shirt, Baseball-Cap, Pin, Patch und Sticker sowie die wichtigsten Infos zu den Touren der folgenden Tage, bevor es in die individuellen Unterkünfte geht. Ein grosses Hotel gibt es nicht, die meisten logieren in AirBnB-Apartments, viele im zentralen La Frontera. Wir selbst nächtigen in El Tamaduste, nicht weit vom Fährhafen entfernt und gelegen in einer malerischen Bucht, welche einen zum Schwimmen geeigneten natürlichen Pool bildet.


Tag 2 – Valverde - San Andrés - El Pinar - La Restinga - Playa de Tacorón 

Unter den staunenden Blicken der zahlreich herbei geströmten Anwohner reiht sich eine Harley nach der anderen auf dem abgesperrten Teil einer Altstadt-Strasse des Inselhauptortes Valverde, der sich auf einer Höhe von 570 Metern in den steilen Berghang schmiegt. Die Sonne kämpft mit den Nebelschwaden. Ein kalter Wind bläst. Und während wir vor zehn Minuten in El Tamaduste noch bei 27 Grad in T-Shirts losgefahren sind, ist hier oben bei gefühlten 15 Grad Pullover oder Lederjacke angesagt. Kaum irgendwo herrschen auf so kleinem Raum so unterschiedliche Klima- und Temperatur-Zonen wie hier auf El Hierro.




Nach offiziellen Begrüssungsworten durch Vertreter der Inselregierung und der drei sich die Insel unter sich aufteilenden Gemeinden Valverde, La Frontera und El Pinar sowie der Segnung unserer Bikes durch den Stadtpfarrer geht die erste Rundfahrt los. 

Ein bollernder Tatzelwurm bestehend aus allen möglichen Modellen von Harleys und einer Handvoll vierrädriger Oldtimer kurvt zuerst durch die Stadt und danach weiter bergwärts an kargen, nebelverhangenen Wiesen vorbei bis in den Wald der kanarischen Kiefern mit ihren langen Nadeln und dekorativen Zapfen. 

Zwischenhalt auf dem Picknick-Platz Hoya del Morcillo.


Auf einmal ist der Nebel weg, die Sonne brennt vom Himmel, wir sind jetzt im südlichen Teil der Insel. Einer Passstrasse gleich windet sich die Fahrbahn runter nach La Restinga. 


Die V2-Motoren knattern im Schiebebetrieb, bis wir das entlegene Städtchen erreichen und unter Applaus von Tauchschul-Absolventen, Bikini-Touristinnen und begeisterten Einheimischen die Hafenpromenade in Beschlag nehmen. 



Nach einem ersten erfrischenden Umtrunk führen uns die ortskundigen Roadcaptains schliesslich zur Playa de Tacorón, wo ein Picknick mit deftiger Kichererbsen-Fleischsuppe und Fleisch vom Grill auf uns wartet.





 Das Rock-Duo „Cool2“ liefert standesgemäss rockig die musikalische Unterhaltung. Und wer vor der Individuellen Rückfahrt in die Unterkünfte noch eine Abkühlung braucht nimmt ein Bad oder lässt sich auf einer Bootsfahrt durch das Naturreservat den Wind durchs Haar wehen.


Tag 3 – La Frontera - Sabinosa - Pozo de la Salud - El Tamaduste - Hoya del Pino  - La Frontera

Heute trifft man sich auf der „Mainstreet“ von La Frontera,...


... um dann im Konvoi zuerst über Spitzkehren zum entlegenen Pozo de la Salud an der wilden Nordküste zu fahren, wo sich vor der Kulisse der von Brechern umtosten Klippen ein Wellness-Hotel installiert hat, das bei der nächsten Austragung von „End Route El Hierro“ im 2025 ins Rally-Programm mit einbezogen werden soll.



Entlang der schnurgeraden Küstenstrasse führt die Route zurück und dann durch den erst kürzlich gebauten Tunnel hoch nach Valverde und auf der andern Seite der Cumbre (was soviel bedeutet wie Bergkamm) runter nach El Tamaduste mit seiner einzigartigen Badebucht. 




Schon geht es von Meereshöhe mit donnerndem Sound wieder fast 1500 Höhenmeter bergauf in die Nähe des höchsten Punktes der Insel und auf der andern Seite wieder mit spektakulärer Rundsicht runter nach La Maceta, einer weiteren Bade-Location mit natürlichem Pool.

Den Abschluss des Tages feiern wir in La Frontera bei Hamburgern und Live-Rock-Musik, zuerst von „Maneras de Vivir“ und danach von „The Blues Riders“, welche auch die Anwohner in Scharen anzieht.






Tag 4 – El Pinar - Faro de Orchilla - Punta de la Dehesa - Pozo de la Salud - Guarazoca

Heute findet der Höhepunkt von „End Route Europe, El Hierro“ statt: Die fahrerisch nicht ganz einfache Route hoch über der Südwestküste und dann steil hinunter zum westlichsten Punkt Europas, wo nach alter geografischer Berechnung des Astronomen Ptolemäus von 150 n. Chr bis  ins Jahr 1884 der Nullmeridian, also die Grenze zwischen West und Ost durchlief. 




Hier steht der Leuchtturm Faro de Orchilla, von hier weg gibt‘s westwärts kein Land mehr bis in die Karibik. Rund 100 Harleys am äussersten Punkt von Europa! Mit einem Umtrunk und einer ausgiebigen Foto- und Video-Session wird dieser denkwürdige Moment ausgiebig gefeiert. 





Dann führt die Route nicht minder spektakulär und einmal mehr über zahlreiche Spitzkehren um die Punta de la Dehesa, am Pozo de la Salud und La Frontera vorbei nach Guarazoca, wo uns im Restaurant La Pasada ein leckeres Mittagessen serviert wird.

Nach einer Pause zum Frischmachen, Relaxen oder was auch immer, trifft man sich im Fährhafen zur grossen Party mit Leckereien aus zwei Food-Trucks. Wer will kann sich sein Bike wieder auf 'Hochglanz bringen lassen. Und es gibt wieder Live-Rock-Musik, diesmal von der „Demian Band“ und danach von „Tributo a Elvis Presley“, einer Coverband, deren Sänger den legendären King of Rock‘n‘Roll in optisch und akustisch überragender Art und Weise wieder aufleben lässt. 




Und als Krönung des Abends verheizt ein Teilnehmer ungarischer Herkunft zum Gaudi aller Anwesenden mit einem qualmenden Burn-out den fetten Hinterreifen seines Custom-Bikes.



Tag 5 – La Caleta - Mirador de la Peña - Puerto de la Estaca

Treffpunkt am letzten Tag ist der kleine Badeort La Caleta mit seiner attraktiven Poolanlage in unmittelbarer Nähe des Flughafens. Es gibt köstliche Spezialitäten der Insel wie Quesadillas (süsses Gebäck mit Ei und Käse), süsse Ananas und einheimische Käse und Weine zu degustieren und kaufen. 



Ein letztes Mal fahren wir den Berg hoch zum Mirador de la Peña, einem vom berühmten kanarischen Architekten, Bildhauer und Maler César Manrique (1919-1992) entworfenen Aussichts-Restaurant mit atemberaubendem Ausblick auf die Nordküste und La Frontera. 

Es gibt leckere Tapas, eine Verlosung von Harley-Davidson-T-Shirts, -Accessoires und Motorrad-Pflegeprodukten. Und als Höhepunkt präsentiert uns Manuel Lorenzo Ramón, ein spanischer Fotograf und Weltreisender eine Videoshow von Reisen mit seiner Harley über die Panamericana von Alaska nach Feuerland, ans Nordkap in Norwegen und sogar ins Kriegsgebiet der Ukraine.


Viel zu schnell ist die Rally zu Ende, und die Schnellfähre bringt Bikes und Biker wieder zurück nach Los Cristianos. Vielen Dank an Juan Abascal, den in El Hierro wohnhaften Harley-Enthusiasten, der seit fünf Jahren diesen aussergewöhnlichen Event mit beispiellosem Effort organisiert. 


See you next Year zur sechsten Auflage!


Kommentare

  1. Schöner , profesioneller Bericht,da könnte man als nur "125er "leicht neidisch werden.
    Grüssli Pädy

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