Staubige Zeiten

Windspitzen bis zu 140 km/h auf der Bergkette und bis zu 90 km/h bei uns, dazu gelbbrauner Staub, der die Sicht unter einen Kilometer einschränkt – ein ausgewachsener Sandsturm, wie man ihn sonst nur auf dem afrikanischen Festland kennt, hat die Kanaren heimgesucht. Calima nennt sich dieses Wetterphänomen hierzulande, und es sei der schlimmste Calima seit 40 Jahren gewesen.

Zeitweise mussten wegen der eingeschränkten Sicht sämtliche Flughäfen auf den Inseln geschlossen und wegen der Sturmböen auch etlich Bergstrassen gesperrt werden. Ganze Bananenplantagen wurden verwüstet, Mauern eingedrückt und in Gran Canaria entfachte sich einmal mehr ein Waldbrand. Mit einem fortgewehten Kamin-Hut, einem abgeknickten Palmwedel und jeder Menge Staub über allem hielt sich der Schaden für uns noch in Grenzen.

Ironischerweise trat der Sandsturm zeitgleich mit dem Karneval auf, der auf La Palma mit grossen Pulverschlachten gefeiert wird. Tonnenweise Talgpuder fliegt da jeweils durch die Luft,ausgeflippt bunt in Los Llanos de Arídane anlässlich der Gran Polvacera...






... und traditionell weiss in Santa Cruz beim Fest von "Los Indianos".

Der Ursprung von "Los Indianos" – rund 70000 Teilnehmer kleiden sich schick in weisse oder beige Roben bzw. Anzüge im Kolonialstil, während andere (allen voran die Galionsfigur Negra Tomasa)  sich als schwarze Sklaven verkleiden – ist klar: Auf den Arm genommen werden damit jene Palmeros, die zwischen dem 16. und 20. Jahrhundert nach Latein- und Südamerika ausgewandert waren und  bei ihrer Wiederkehr ihren dort erworbenen Reichtumoft schamlos zur Schau stellten. Was es allerdings mit dem Talgpuder auf sich hat, welcher nicht nur von Hand geworfen, sondern sogar mit Kanonen in die Menge geballert wird, da gehen die Meinungen auseinander.

Ist es eine Parodie auf das Geld, mit dem die Rückwanderer einst um sich warfen? Ist es ein nach La Palma importierter afro-kubanischer Brauch aus dem 17. Jahrhundert, bei dem sich die schwarze Bevölkerung die Haut weiss gefärbt hatte. Oder ist der Puderregen eine Reminiszenz an die Chemikalien, mit welchen die Rückkehrer im Hafen von Santa Cruz eingesprüht wurden, um zu vermeiden, dass sie Krankheiten einschleppten.

Könnte im Zeitalter des Corona-Virus ja bald wieder aktuell werden. Immerhin steht ein Hotel mit 1000 Gästen in Teneriffa derzeit unter Quarantäne, seit dem ein Gast (wohlgemerkt ein Arzt aus Italien) mit positivem Befund in einem Privatspital isoliert werden musste.



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